Kolumne

Nationalbankgelder nur für den Schuldenabbau verwenden

Bild von Albert Häsler auf Pixabay

Über viele Jahre war die Schweizerische Nationalbank (SNB) für Bund und Kantone stets ein regelrechter Goldesel. 2020 und 2021 wurde jeweils die maximal mögliche Gewinnausschüttung von 6 Milliarden Franken ausbezahlt, davon gingen 480 Millionen Franken an den Kanton Bern. Letzterer rechnete deshalb auch fürs Budget 2023 fest mit diesem Ertrag. Doch Mitte 2022 erlitt die SNB einen Rekordverlust von 132 Milliarden Franken und ab diesem Zeitpunkt war eigentlich schon klar, dass es Ende Jahr keine Gewinnausschüttungen geben würde.

Der Grosse Rat reagierte auf diesen drohenden Ausfall und reduzierte die erwarteten SNB-Gelder immerhin noch von 480 auf 320 Millionen Franken, wohlwissend, dass auch diese Einnahme viel zu hoch veranschlagt war. Dank diesem Taschenspielertrick konnte fürs 2023 ein ausgeglichenes Ergebnis budgetiert und die Schuldenbremse eingehalten werden. Ein drohendes Sparpaket konnte damit verhindert werden, zumindest vorerst. Als dann Ende 2022 definitiv klar war, dass die veranschlagten Ausschüttungen der SNB ausbleiben würden, verordnete der Regierungsrat der Kantonsverwaltung einen restriktiven Budgetvollzug. Ob sich dadurch das drohende Defizit verhindern oder zumindest auf ein erträgliches Mass reduzieren lässt, wird erst der Rechnungsabschluss 2023 zeigen. Zuversichtlich stimmt jedoch die Tatsache, dass der Kanton fürs 2024 auch ohne Veranschlagung der SNB-Gelder ein positives Budget präsentieren und erst noch die Unternehmenssteuern senken kann.

Welche Lehren zieht nun die Politik daraus? Das Ausbleiben der SNB-Ausschüttungen ist heilsam. Sie führt vor Augen, dass diese Gelder keine Selbstverständlichkeit darstellen. Besteht doch die Hauptaufgabe der SNB nicht in der Finanzierung der Staatshaushalte, sondern in der Wahrung der Preisstabilität. Zusammen mit Ratskolleginnen und -kollegen aus sechs verschiedenen Parteien habe ich im Grossen Rat deshalb eine Motion eingereicht, die fordert, dass die unsicheren Gewinnausschüttungen der SNB nicht mehr budgetiert, sondern nur noch zum Schuldenabbau oder zum Ausgleich eines Aufwandüberschusses in der Laufenden Rechnung verwendet werden dürfen.

Diese Praxis führt auch zu einer besseren Budgetgenauigkeit und wirkt sich disziplinierend bei den Ausgaben aus. Mit der Reduzierung der Schuldenlast wird die finanzielle Handlungsfähigkeit des Kantons verbessert, indem die Mittel des Schuldendienstes für andere Zwecke frei werden. Und zu guter Letzt entlastet der Schuldenabbau auch die nachkommende Generation nachhaltig. Denn bekanntlich sind die Schulden von heute die Steuern von morgen.

Philippe Messerli, Grossrat EVP

Kolumne

Institutionelle Lehren aus der Corona-Krise ziehen

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Die Corona-Krise gehört bereits seit anderthalb Jahren der Vergangenheit an. Für die Politik ist es von zentraler Bedeutung, das Krisenmanagement zu evaluieren und die richtigen Lehren daraus zu ziehen, um für künftige Krisen besser gewappnet zu sein. Auch wenn die Pandemie vom Kanton insgesamt gut bewältigt worden ist, besteht nicht zuletzt auf institutioneller Ebene Optimierungsbedarf.

Im Krisenfall müssen die Behörden rasch entscheiden und handeln können. Dies hat mitunter zur Folge, dass die demokratische Mitbestimmung eingeschränkt wird. So hatte das Parlament während der Corona-Krise bei den vom Regierungsrat angeordneten Massnahmen wie den Schul- und Restaurantschliessungen, der Absage von Grossveranstaltungen und der Zertifikatspflicht kaum etwas zu sagen, obwohl diese Entscheide tiefgreifend für die Bevölkerung waren. Der Grosse Rat hat diese Problematik erkannt und unlängst die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, damit das Parlament bei behördlichen Entscheiden in ausserordentlichen Lagen stärker einbezogen wird.

Neben Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gilt es für den Krisenfall gleichzeitig auch die Handlungsfähigkeit der Behörden zu stärken. Dabei erwiesen sich die zur Verfügung stehenden Verfahren nicht immer als krisentauglich. Der Grosse Rat will deshalb das Instrument der dringlichen Gesetzgebung einführen. Damit können Gesetze, die keinen Aufschub erlauben, auf Vorschlag von Regierung und Parlament sofort in Kraft gesetzt werden. Dieses Instrument ist erprobt. Der Bund sowie 12 weitere Kantone kennen es bereits.

Die dringliche Gesetzgebung stellt jedoch keinen Freipass für Regierung und Parlament dar, um die Volksrechte auszuhebeln. Vielmehr soll es nur in Ausnahmesituationen zur Anwendung kommen, weshalb hohe Hürden vorgesehen sind. So ist für die Annahme eines dringlichen Gesetzes eine qualifizierte Mehrheit im Parlament erforderlich. Zwei Drittel der Grossratsmitglieder, also mindestens 107 der total 160 Abgeordneten müssen zustimmen. Damit die Legitimation durch das Volk gewährleistet ist, unterliegt ein dringliches Gesetz zudem dem obligatorischen Referendum. Spätestens sechs Monate nach dessen Erlass muss es dem Volk zum Entscheid vorgelegt werden. Bei einer Ablehnung tritt das Gesetz sofort ausser Kraft.

Zur Einführung der dringlichen Gesetzgebung bedarf es einer Änderung der Kantonsverfassung. Der Grosse Rat hat dieser sinnvollen Anpassung, welche die institutionellen Verfahren zur Krisenbewältigung verbessert, einstimmig zugestimmt. Das letzte Wort hat nun das Volk am 3. März 2024 in der Abstimmung.

Philippe Messerli, Grossrat EVP

Besuchen Sie das Rathaus in Bern!

Viermal jährlich trifft sich der Grosse Rat zu einer zweiwöchigen Session im Rathaus in Bern. Als Grossrat und Historiker empfinde ich es als besonderes Vorrecht, in einem Gebäude tagen zu dürfen, welches seit über 600 Jahren das politische Zentrum des bernischen Staatswesens bildet. 

Die Stadt Bern, die sich im 15. Jahrhundert anschickte, zur dominierenden Macht des heutigen Schweizer Mittellands aufzusteigen, wollte ein repräsentatives Ratsgebäude. Von 1406 bis 1417 entstand ein für die damalige Zeit monumentaler Sandsteinbau im spätgotischen Stil. 

Wegen des wachsenden und sich wandelnden Raumbedarfs von Behörden und Verwaltung wurde das Rathaus über die Jahrhunderte mehrfach baulich verändert. Beim letzten grossen Umbau unter Regierungsrat und Baudirektor Robert Grimm in den Kriegsjahren 1940-42 wurde die prächtige Säulenhalle im Erdgeschoss vollständig freigelegt, sodass Holzdecke und Dimension des spätmittelalterlichen Raumes wieder voll zur Geltung kommen. 

Um Platz für einen modernen Parlamentsbetrieb zu schaffen, wurden zudem die historischen Ratsstuben im ersten Stock entfernt und der Grossratssaal und die Wandelhalle völlig neu gestaltet. 

Stark von der geistigen Landesverteidigung geprägt ist das monumentale Wandbild von Karl Walser (Bruder des Schriftstellers Robert Walser) von 1942, das den Aufbau der Stadt Bern zeigt und im Kontext der Kriegszeit die «Volksgemeinschaft» beschwört.

Aber nicht nur architektonisch, sondern auch als historischer Schauplatz ist das Rathaus von Bedeutung. Hier fällte die bernische Obrigkeit Entscheide, welche die Geschichte der Schweiz massgeblich geprägt haben, wie zum Beispiel die Eroberung der Waadt im Jahr 1536 und die damit verbundene Expansion der Eidgenossenschaft nach Westen. 

Im Rathaus war auch der sagenumwobene Berner Staatsschatz gelagert, der nach dem Fall der Stadt Bern 1798 auf Geheiss Napoleons nach Frankreich abgeführt wurde, um dessen Ägyptenfeldzug mitzufinanzieren. 

Nach Einführung der demokratischen Verfassung 1831 wurden im Grossratssaal Zuschauertribünen eingebaut. Das Volk wollte seinen Vertretern besser auf die Finger schauen können. 

1947 verweigerte der Grosse Rat dem aus dem Jura stammenden Regierungsrat Georges Moeckli den Wechsel in die Baudirektion. Die Jurafrage gelangte damit wieder aufs politische Tapet und es kam ein Prozess in Gang, der zur Gründung des Kantons Jura führte. 

Das Rathaus hat viel Interessantes zu bieten und ist ebenso sehenswert wie das bekanntere, jedoch weitaus jüngere Bundeshaus. Die Staatskanzlei führt mehrmals im Jahr öffentliche Führungen durch. Ein Besuch lohnt sich!

Philippe Messerli, Grossrat

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Mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen

EVP-Grossrätin und Behindertenrechtlerin Simone Leuenberger an der Behindertensession

In der vergangenen Wintersession hat der Grosse Rat in erster Lesung über das neue Behindertenleistungsgesetz beraten. Dieses sieht einen wegweisenden Paradigmenwechsel im Versorgungssystem vor: Wurden bisher Institutionen für die Betreuung von Menschen mit Behinderungen vom Kanton abgegolten, sollen die Gelder für Unterstützungsleistungen inskünftig direkt den Betroffenen zugute kommen. Letztere können neu zwischen unterschiedlichen Angebotsformen und verschiedenen Leistungserbringenden frei wählen. Schweizweit ein Novum ist dabei, dass auch Dienste von betreuenden Angehörigen entschädigt werden können. Bemessen werden die vom Kanton finanzierten Leistungen aufgrund einer individuellen Bedarfsermittlung, die dem behinderungsbedingten Unterstützungsbedarf der betroffenen Personen entspricht.

In der vergangenen Wintersession hat der Grosse Rat in erster Lesung über das neue Behindertenleistungsgesetz beraten. Dieses sieht einen wegweisenden Paradigmenwechsel im Versorgungssystem vor: Wurden bisher Institutionen für die Betreuung von Menschen mit Behinderungen vom Kanton abgegolten, sollen die Gelder für Unterstützungsleistungen inskünftig direkt den Betroffenen zugute kommen. Letztere können neu zwischen unterschiedlichen Angebotsformen und verschiedenen Leistungserbringenden frei wählen. Schweizweit ein Novum ist dabei, dass auch Dienste von betreuenden Angehörigen entschädigt werden können. Bemessen werden die vom Kanton finanzierten Leistungen aufgrund einer individuellen Bedarfsermittlung, die dem behinderungsbedingten Unterstützungsbedarf der betroffenen Personen entspricht.

Ziel dieses Wechsels von der objekt- zur subjektorientierten Finanzierung ist es, Menschen mit Behinderungen mehr Autonomie und Wahlfreiheit zu gewähren. Sie sollen selbst entscheiden können wie, wo und mit wem sie leben wollen, sei es in einem Heim, in einer eigenen Wohnung, mit Familie, Partnerin oder Partner oder auch in einer WG. Was für viele von uns selbstverständlich ist, bleibt für Menschen mit Behinderungen allzu häufig ein Wunsch, der bis jetzt an der fehlenden Finanzierung gescheitert ist.

Im Grossen Rat war der Systemwechsel, der für den Kanton geschätzte Zusatzkosten von 20 Millionen Franken zur Folge haben wird, unbestritten. Allerdings stimmte die Mehrheit des Grossen Rates verschiedenen Steuerungsmechanismen zu, die zu schmerzhaften Leistungsreduktionen führen könnten. So soll der Regierungsrat die Gruppe der Anspruchsberechtigten einschränken, Bedarfsunter- und -obergrenzen festlegen und für die Betroffenen eine Kostenbeteiligung einführen können. Noch nicht festgelegt hat der Grosse Rat, ob auch Kinder und Jugendliche von den neuen Leistungen profitieren sollen. Bisher nicht vorgesehen ist zudem, dass Beistandspersonen dafür entschädigt werden können, wenn sie Menschen mit Behinderung bei der Planung, Organisation und Abrechnung der Assistenz unterstützen.

Nun geht die Vorlage zurück an die vorberatende Kommission. Voraussichtlich in der Sommersession wird das Behindertenleistungsgesetz definitiv verabschiedet. Persönlich hoffe ich sehr, dass sich der Grosse Rat trotz knapper Kantonsfinanzen für eine grosszügige Umsetzung entscheiden wird, die Menschen mit Behinderungen dank bedarfsgerechter Unterstützungsleistungen möglichst viel Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Denn die Stärke des Volkes misst sich am Wohl des Schwachen.

Philippe Messerli, Grossrat EVP

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Stärkung der Justiz als dritte Gewalt

Bild von Edward Lich auf Pixabay

«Es ist besser, ein Bürger eines bescheidenen Gemeinwesens in den Alpen ohne Aussicht auf Einfluss ausserhalb der engen Grenzen zu sein, als ein Untertan einer grossen Autokratie, die halb Asien und Europa überschattet.» Dieser Satz schrieb der englische Historiker und namhafte Liberale Lord Acton (1834-1902), der sich Zeit seines Lebens mit den geschichtlichen Grundlagen der Freiheit und den Mechanismen zur Begrenzung willkürlicher Macht befasste. Von ihm stammt auch der vielzitierte Spruch «Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut.» Diese beiden Zitate von Lord Acton passen gut zu unserem Staatswesen. Denn in der Schweiz besteht seit jeher ein grosses Misstrauen gegenüber Machtballung und Anmassung. Zentrales Element staatlicher Machtbeschränkung ist die Gewaltenteilung, die in der Schweiz mit der Aufteilung der Macht auf die Staatsgewalten Legislative, Exekutive und Judikative horizontal und mit der Aufteilung der Macht auf die Staatsebenen Gemeinde, Kanton und Bund auch vertikal vollzogen ist.

Allerdings wird nicht allen Staatsgewalten die gleiche Aufmerksamkeit zuteil. Im Gegensatz zur Legislative (Parlament) und zur Exekutive (Regierung) fristet die Judikative (Justiz) als dritte Staatsgewalt oft ein Mauerblümchendasein, und dies obwohl ihr eine tragende Rolle im Rechtsstaat zukommt. Geradezu stiefmütterlich wird die Judikative in der bernischen Kantonsverfassung behandelt. So sind Stellung und Kompetenzen der Justiz im Unterschied zu den beiden anderen Staatsgewalten (Regierungsrat und Grosser Rat) nicht ausgeführt. Lediglich der Grundsatz der Unabhängigkeit der Gerichte sowie deren Umschreibung im Zivil-, Straf- und Verwaltungsbereich sind in der Verfassung statuiert.

Diese Ungleichbehandlung soll nun beseitigt werden, indem die 2011 mit der Justizreform auf Gesetzesstufe eingeführte Selbstverwaltung der Justiz auch auf Verfassungsebene verankert wird. So verfügt die Bernische Justiz über ihr eigenes Budget und nimmt die Verwaltungsaufgaben in den Bereichen Personal, Finanzen und Informatik selbstständig wahr. Die Justizverwaltungsleitung, das gemeinsame Verwaltungsorgan von Obergericht, Verwaltungsgericht und der Generalstaatsanwaltschaft, koordiniert die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden und vertritt die Anliegen der Justiz gegenüber Regierungsrat und Grossen Rat eigenständig. Im Parlament war diese sinnvolle und bereits erprobte Stärkung der Justiz unbestritten. Der Grosse Rat stimmte der Verfassungsänderung ohne Gegenstimme zu. Das letzte Wort hat nun am 12. März 2023 der Souverän in der Volksabstimmung.

Philippe Messerli, Grossrat EVP

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Innovation nach Schweizer Art

Seit 2018 klafft direkt hinter dem Bieler Hauptbahnhof eine riesige Baugrube. Aufgrund von Pleiten, Pech und Pannen wurde der Bau des Bieler Campus der Berner Fachhochschule (BFH) um Jahre zurückgeworfen. Der Kanton rechnet im schlimmsten Fall mit einem Baubeginn 2026 und einer Eröffnung 2029, sieben Jahre später als ursprünglich geplant. Diese Verzögerungen sind zwar ärgerlich, dennoch geschieht in unmittelbarer Nähe des künftigen Campus schon jetzt viel Positives zugunsten von Bildung, Forschung und Industrie.

So wurde am 23. August 2021 direkt neben der Baugrube der Neubau des Switzerland Innovation Park Biel/Bienne eröffnet. Die private Non-Profit Organisation hat zum Ziel, angewandte und industrienahe Forschung und Entwicklung zu betreiben und zu unterstützen. Sie stellt Fachpersonal und Infrastruktur zur Verfügung, mit denen Firmen zu attraktiven Konditionen den Weg von einer technischen Idee zu einem marktreifen Produkt gehen können. Das mit staatlicher Hilfe angestossene Projekt wird mittlerweile zu über 90% von privaten Unternehmen getragen.

Gleichzeitig mit dem Neubau des Innovationsparks wurden auch die neuen Räumlichkeiten der BFH und deren Labore in den Zukunftstechnologien Energie und Gesundheit eingeweiht. Mit dem Start des Herbstsemesters 2022 sind zudem die Studierenden der Weiterbildung und des Teilzeit-Studiums in Informatik des Departements Technik und Informatik der BFH in den Park umgezogen. Rund 1’200 Studierende profitieren dabei von neuen und modern eingerichteten Unterrichts- und Lernräumen sowie von der unmittelbaren Nähe zur angewandten Forschung und zur Industrie.

Mit Lehre, Forschung und Unternehmertum werden im Innovationspark drei Kernkompetenzen zusammengeführt, die die wirtschaftliche Stärke und Innovationskraft unseres Landes ausmachen. Denn die Schweiz zählt nicht zuletzt deswegen zu den innovativsten Ländern weltweit, weil sie zum einen über attraktive Forschungs- und Bildungssysteme verfügt und weil zum anderen risikobereite Unternehmen dafür sorgen, dass die in Forschungseinrichtungen und an Hochschulen gewonnenen Erkenntnisse in Form qualitativ hochstehender Technologien und Produkte zur Marktfähigkeit gebracht werden. Dabei darf nicht vergessen gehen, dass gerade auch dem Staat eine wichtige Rolle in dieser Erfolgsgeschichte zukommt. Zwar lässt sich Innovation politisch nicht verordnen, aber durch gute Rahmenbedingungen und gezielte Investitionen in Bildung und Forschung effektiv fördern. Die Anschubfinanzierung für den Innovationspark und der geplante Campus-Neubau in Biel gehören eindeutig in diese Kategorie.

Philippe Messerli, Grossrat EVP

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Religionspolitik überdenken

Seit der Reformation steht der Kanton Bern in einem engen Verhältnis zur Evangelisch-reformierten Landeskirche. Vor rund 200 Jahren übernahm er einen Teil des Kirchengutes und verpflichtete sich im Gegenzug zur Besoldung der Pfarrer aus der Staatskasse. Im 19. Jahrhundert wurden die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Kirchen und Staat auf die Römisch-katholische und die Christkatholische Landeskirche ausgedehnt. Dank historischer Rechtstitel und öffentlich-rechtlicher Anerkennung kommen die drei Landeskirchen in den Genuss staatlicher Privilegien wie zum Beispiel der Finanzierung der Pfarrerlöhne, der Abgeltung gesamtgesellschaftlicher Leistungen und der Ausbildung der Geistlichen. Seit 1997 werden ebenfalls die jüdischen Gemeinden in Bern und Biel als öffentlich-rechtliche Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit anerkannt.

Die einseitige Bevorzugung der Landeskirchen gerät allerdings zunehmend unter Druck. Zum einen, weil deren Einfluss und Mitgliederzahlen stetig schwinden, während gleichzeitig einige Freikirchen einen grossen Zulauf erfahren und die Religionsvielfalt migrationsbedingt stark zunimmt. Zum anderen, weil viele Religionsgemeinschaften analog zu den Landeskirchen ebenfalls gesellschaftlich relevante Leistungen in den Bereichen Soziales, Bildung, Kultur und Integration erbringen, ohne aber dafür auf staatliche Anerkennung und Unterstützung zählen zu können. Im Sinne einer zeitgemässen Religionspolitik will der Kanton deshalb künftig auch mit nicht anerkannten Gemeinschaften einen Austausch pflegen. Als Basis für diesen Dialog dient eine von der Direktion für Inneres und Justiz erstellte «digitale Religionslandkarte». Dieser zufolge sind im Kanton Bern Gemeinschaften aus über 20 verschiedenen Traditionen an rund 640 Standorten aktiv.  

Erklärtes Ziel des Kantons ist es, das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionsgemeinschaften mit gezielten Massnahmen zu unterstützen und das Entstehen von Parallelgesellschaften und religiöser Radikalisierung zu verhindern. Bis 2023 will der Regierungsrat prüfen, welcher Schritte es dazu konkret bedarf. Eine Option wäre, gemein­nüt­zi­g und transpa­rent orga­ni­sier­ten Religionsgemeinschaften, die sich zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bekennen, eine sogenannte «kleine» Anerkennung zu gewähren. Damit erhielten sie das staatliche Siegel der Unbedenklichkeit und würden von Vorzügen wie zum Beispiel einer Steuerbefreiung aufgrund von Gemeinnützigkeit profitieren. Es läge im eigenen Interesse des Kantons, das positive Potenzial der Religionsgemeinschaften zum Gemeinwohl stärker zu fördern.

Philippe Messerli, Grossrat EVP

Kolumne

Klimaschutz als Chance nutzen

Die Auswirkungen der Erderwärmung gehören zu den grössten mittelbaren Bedrohungen unserer Zeit, nicht zuletzt auch für den Alpenraum. Mit dem Auftauen der Permafrostböden kommen Hänge ins Rutschen. Felsstürze, Schutt- und Gerölllawinen bedrohen Siedlungsgebiete, Verkehrswege und Bergbahnen. Unwetter mit Starkregen lassen kleine Gebirgsbäche in kürzester Zeit zu reissenden Strömen anschwellen. Skidestinationen leiden unter Schneemangel. Bern ist als Berg- und Tourismuskanton von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen. Es steht ihm deshalb gut an, klimapolitisch eine Vorreiterrolle einzunehmen.

Bild von Marcel auf Pixabay

Umso erfreulicher ist es, dass die bernischen Stimmberechtigten im letzten Jahr den Verfassungsartikel zum Klimaschutz mit deutlichem Mehr angenommen haben. Regierung und Parlament haben den Auftrag, bis spätestens 2050 beim CO2-Aussstoss Netto-Null zu erreichen. Die Klimaziele beinhalten die Dekarbonisierung der Energieversorgung, die Anpassung an den Klimawandel, innovations- und technologiefördernde Massnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung sowie klimaverträgliche Finanzflüsse.

Allein mit der Verankerung von Zielen in der Verfassung ist noch gar nichts erreicht. Der Grosse Rat hat dies erkannt und in der Sommersession die überparteiliche Motion «Green New Deal für den Kanton Bern» mit klarem Mehr überwiesen. Die Regierung wird damit beauftragt, einen umfassenden Aktionsplan für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel vorzulegen. Dazu gehören wirksame Strategien und Massnahmen inklusive Finanzierungsplan, Realisierungsetappen und notwendige Anpassungen von gesetzlichen Grundlagen. 

Der Umgang mit dem Klimawandel bedarf grosser Anstrengungen, bietet aber gleichzeitig auch Chancen, die es unbedingt zu nutzen gilt. Wird die aktuell tiefe Rate an Gebäudesanierungen, der Heizungsersatz oder der Zubau an Photovoltaik-Anlagen intensiviert, so können in allen Regionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Der Ersatz fossiler durch erneuerbare Energieträger bietet zudem die Möglichkeit, die problematische Abhängigkeit der Energiezulieferung aus dem Ausland zu vermindern. Der Ukraine-Krieg deckt diese Schwäche schonungslos auf.

Die Umsetzung der Klimaziele ist alles andere als ein Selbstläufer, wie die Ablehnung des CO2-Gesetzes in der Volksabstimmung letztes Jahr gezeigt hat. Für den Klimaschutz ist deshalb eine gute Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft unabdingbar. Es braucht mehrheitsfähige Lösungen, die finanziell, wirtschaftlich und sozial verträglich sind. Nur so lässt sich die Bevölkerung mit ins Boot holen.

Philippe Messerli, Grossrat EVP

Herzlichen Dank!

Liebe Wählerinnen und Wähler

Herzlichen Dank allen Seeländerinnen und Seeländer für die 2’430 Stimmen und für Ihr Vertrauen. Ich freue mich sehr über meine Wiederwahl in den Grossen Rat und vor allem auch über den zweiten EVP-Grossratssitz von Barbara Stotzer, den wir im Seeland erringen konnten.

Sehr gerne werde ich mich weiterhin für eine lösungs- und werteorientierte Politik einsetzen – aus Leidenschaft für Mensch und Umwelt.

Allen wieder- und neugewählten Grossrätinnen und Grossräten wünsche ich alles Gute und Gottes Segen in ihrem Amt.

Herzlichst,

Philippe Messerli

Kolumne

Gehen Sie wählen?!

Am 27. März 2022 finden die kantonalen Wahlen statt. 2214 Personen, 879 Frauen und 1335 Männer auf 158 Listen, buhlen um einen der 160 Sitze im Grossen Rat. Das sind so viele wie noch nie. 2018 waren es 2110 und 2014 auch schon 1905 Kandidierende. Während die Zahl der Kandidaturen seit 40 Jahren stetig steigt und in diesem Jahr eine neue Rekordhöhe erreicht, nimmt gleichzeitig das Interesse der Bevölkerung an den Grossratswahlen kontinuierlich ab.

1970 gingen knapp 60% der damals nur männlichen Stimmberechtigten wählen. 2014 belief sich die Stimmbeteiligung auf 32.1% und 2018 nur auf 30.5%. Innerhalb von 50 Jahren hat sich die Wahlbeteiligung somit fast halbiert. Im Wahlkreis Biel-Seeland ging vor vier Jahren sogar nur jede oder jeder vierte Stimmberechtigte wählen (26.8%). Diese grosse Abstinenz ist insofern folgenreich, als die kantonale Ebene in unserem föderalen Staatswesen von zentraler Bedeutung ist. Rund 40 Prozent des gesamten Staatsbudgets entfallen auf die Kantone und damit wichtige Themen wie Gesundheit und Bildung. Die kantonale Politik befindet sich jedoch in einer Sandwich-Position zwischen der Gemeinde- und der Bundesebene und gerät so leicht aus dem öffentlichen Blickfeld.

Die tiefe Wahlbeteiligung ist zwar bedauerlich, darf aber nicht dramatisiert werden. Die Legitimität von Regierung und Parlament ist dadurch nicht in Frage gestellt. Denn es gehen jeweils jene wählen, die interessiert und gut informiert sind. Diejenigen Leute, die der Urne fernbleiben, tun dies oft nicht aus Überdruss oder Entfremdung, sondern sie sind mehrheitlich zufrieden mit dem gegenwärtigen Zustand. Zudem ist davon auszugehen, dass auch bei einer 100 prozentigen Beteiligung eine sehr ähnliche Zusammensetzung von Regierung und Parlament resultieren würde. Und nicht zuletzt ist die Bedeutung von Wahlen in einer direkten Demokratie weniger gross als in einer rein repräsentativen Demokratie. Die Bürgerinnen und Bürger können sich zusätzlich an der Urne zu wichtigen Sachthemen äussern und die politische Richtung auf diese Weise vorgeben.

Dies ist jedoch nicht als Plädoyer und Rechtfertigung zur Stimmabstinenz zu verstehen. Vielmehr ermutige ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, von Ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und damit mitzubestimmen, wie im Kanton Bern die politischen Weichen für die nächsten vier Jahre gestellt werden. Für eine Teilnahme gibt es einen rational triftigen Grund: Wenn nur wenig Menschen wählen gehen, so hat Ihre Stimme entsprechend mehr Gewicht! Oder wie es ein französisches Sprichwort treffend auf den Punkt bringt: «Les absents ont toujours tort.»

Philippe Messerli, Grossrat EVP

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