Keine Willkür bei den Einbürgerungen

Nein zur SVP-Initiative für «demokratische Einbürgerungen»

Die SVP-Initiative »für demokratische Einbürgerungen” fordert zwei Dinge. Erstens soll jede Gemeinde in der Schweiz selber festlegen können, welches Organ das Gemeindebürgerrecht erteilt. Die hierfür zuständige kommunale Einheit könnte das Parlament, eine Kommission, die Gemeindeversammlung, die Exekutive oder auch das Volk sein. Diskriminierende und willkürliche Einbürgerungsentscheide an der Urne, so wie dies eine zeitlang in der Luzerner Gemeinde Emmen praktiziert wurde, wären somit trotz negativem Bundesgerichtsurteil wieder möglich. Urnenentscheide sind vor allem deswegen problematisch, weil sie nicht begründet werden können.

Zudem dürften die Kantone nicht mehr frei darüber bestimmen, welches kommunale Organ für die Einbürgerungsentscheide zuständig sein soll. Der deutliche Entscheid des Berner Stimmvolks vom 25. September 2005, wonach die Erteilung des Gemeindebürgerrechts ausschliesslich durch die Gemeindeexekutiven zu erfolgen hat, würde wieder rückgängig gemacht. Dies wäre ein klarer Rückschritt gegenüber der heute bestehenden und bewährten Praxis im Kanton Bern.

Zweitens verlangt die Initiative, dass Entscheide über die Erteilung des Gemeindebürgerrechts endgültig sind. Dies hiesse konkret, dass für negative Einbürgerungsentscheide, welche unter schwerwiegenden Verfahrensmängeln oder bei einer klaren Verletzung der Grundrechte zustande gekommen sind, keine Rekursmöglichkeiten bei einer übergeordneten Instanz mehr bestünden. Eine solche Bestimmung ist nicht nur rechtsstaatlich äusserst fragwürdig, sondern sie verletzt auch internationale Bestimmungen und das Völkerrecht.

Mit der Annahme der SVP-Initiative wären also im Einbürgerungsverfahren zwei wichtige rechtsstaatliche Minimalanforderungen nicht mehr gewährleistet: Erstens das Prinzip, dass jeder Entscheid begründet werden muss. Und zweitens das Prinzip, dass jeder Entscheid auch angefochten werden kann. Sämtliche Einbürgerungskandidatinnen und -kandidaten haben das Recht auf ein faires und rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren. Die SVP-Initiative stellt dies alles in Frage. Sie ist abzulehnen, weil sie willkürliche und diskriminierende Einbürgerungsentscheide ermöglicht.

Philippe Messerli, Grossrat und Vizepräsident der Einbürgerungskommission Nidau

Grundsatzdebatte zum Verhältnis Kirche-Staat

Der Grosse Rat lehnt die Motion Messerli/Löffel ab

Die Landeskirchen sowie das Verhältnis zwischen Staat und Kirche stehen immer wieder im Brennpunkt des Interesses. Unlängst hat die FDP in einer Motion gefordert, dass die juristischen Personen aus Gründen der Religionsfreiheit von der Kirchensteuerpflicht befreit werden sollten. Im Expertenbericht zum Aufgabendialog wurde sogar explizit eine Trennung von Kirche und Staat gefordert.

Vor diesem Hintergrund haben die beiden EVP-Grossräte Philippe Messerli und Ruedi Lüffel die Motion «Grundsatzdebatte zum künftigen Verhältnis zwischen Kirche und Staat: Trennung, Entflechtung oder Status quo?»eingereicht. Denn eine solche Debatte kann nach Meinung der beiden Motionäre erst dann seriös geführt werden, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen. Mangels fundierter Grundlagen könnten schnell einmal falsche Schlüsse gezogen und Fehlentscheidungen gefällt werden. Der Vorstoss fordert deshalb, dass der Regierungsrat in einem Bericht neben einer gründlichen Analyse des bestehenden Verhältnisses auch Szenarien für eine mögliche Umgestaltung aufzeigt. Dabei soll auch konkret quantifziert werden, welche Leistungen die Landeskirchen in den Bereichen Soziales, Kultur, Bildung und Erziehung für die Allgemeinheit erbringen.

Als weiteres zentrales Anliegen wollen die Motionäre, dass der Regierungsrat auch mögliche Szenarien aufzeigt, wie das Verhältnis des Kantons zu den Freikirchen neu geregelt und verbessert werden künnte. Die Freikirchen leisten ebenfalls einen grossen diakonischen, sozialen und kulturellen Beitrag für die Allgemeinheit, ohne aber in den Genuss steuerlicher Mittel zu kommen und von der öffentlich-rechtlichen Anerkennung durch den Kanton zu profitieren. Für Messerli und Löffel geht es konkret darum, eine bessere staatliche Anerkennung für die letzteren zu erreichen sowie wieder verbesserte Steuerabzugsmöglichkeiten für die finanziellen Zuwendungen ihrer Mitglieder zu ermöglichen.

Der Grosse Rat hat jedoch die Motion der beiden EVP-Grossräte am 10. Arpil 2008 abgelehnt. Die Mehrheit des Grossen Rates sieht keinen unmittelbaren Handlungsbedarf, eine weitergehende Analyse zum Verhältnis zwischen Kirche und Staat durchzuführen. Ebenfalls abgelehnt wurde eine von den beiden Motionären vorgeschlagene Beschränkung der Analyse auf den Ist-Zustand. Der Regierungsrat hatte im Vorfeld auf die bereits bestehenden Berichte und Gutachten aus den Jahren 1991 und 1994 hingewiesen. Diese gehen allerdings nur bedingt auf die in der Motion aufgeworfenen Fragen ein.

Absage an «Multi-Kulti-Träumereien»

Der Grosse Rat überweist den Integrationsvorstoss von Grossrat Messerli deutlich

Der Grosse Rat hat die in ein Postulat gewandelte Motion: «Migrantinnen und Migranten integrieren und auf Grundwerte verpflichten» von Grossrat Philippe Messerli (EVP) am 9. April 2008 mit 109:1 Stimmen deutlich überwiesen. Damit verpflichtet sich die bernische Regierung dazu, ein griffiges Integrationsgesetz gemäss dem Grundsatz von »Fördern und Fordern” sowie nach dem Vorbild des Basler Modells zu erarbeiten. Die Anliegen der Motion Messerli sollen dabei in den laufenden Gesetzgebungsprozess einfliessen. Man darf also gespannt sein, wie das Endresultat aussehen wird.

In der Grossratsdebatte wies Messerli darauf hin, dass ein verstärktes Handeln bei der Integration vordringlich sei. Sonst sähen wir uns bald einmal mit grossen Problemen konfrontiert. So bestehe ein besonderes Risiko, dass schlecht integrierte Personen über kurz oder lang auf der Sozialhilfe landeten oder ihren Lebensunterhalt mit kriminellen Tätigkeiten aufzubessern suchten. Auch drohe die Gefahr der Abschottung und die Bildung von Parallelgesellschaften. Dies alles gelte es zu verhindern. Dazu bedürfe es aber konkreter Bemühungen, wie Messerli betonte: »Die Integration erfordert Knochenarbeit. Die gesamte Gesellschaft, die Politik, die Wirtschaft, die Schule, wir alle sind gefordert. Gefordert sind aber vor allem auch die betroffenen Migrantinnen und Migranten selber. Diese müssen stärker in die Pflicht genommen werden.”

Messerli plädierte zudem für eine umfassende Integrationspolitik, welche u.a. die Schule, den Arbeitsmarkt sowie die Sozial- und Siedlungspolitik miteinbeziehe. Es brauche nicht nur Fördermassnahmen wie Sprach- und Integrationskurse, sondern auch den Abschluss von verbindlichen Integrationsvereinbarungen mit den betroffenen Migrantinnen und Migranten. Nötig sei aber gleichzeitig eine kompromisslose Durchsetzung unserer Grundwerte und unserer Rechtsordnung. «Gewaltaufrufe, Zwangsheiraten, Mädchenbeschneidungen, die Verletzung von Frauenrechten dürfen in keiner Art und Weise toleriert oder mit dem Hinweis auf die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe der Migrantinnen und Migranten relativiert werden», warnte Messerli. Und nicht zuletzt brauche es für eine erfolgreiche Umsetzung von Integrationsmassnahmen auch eine verbesserte Sensibilisierung und Information der Bevölkerung. «Statt sich in Multi-Kulti-Träumereien zu verlieren, müssen die Ängste der Bevölkerung endlich Ernst genommen werden», betonte Messerli am Schluss seines Votums.

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